Julius Hübner                            1867

1806 – 1882

 

Der Erde Noth

 

Und könntest du mit einem Zauberschlage

Der Erde Noth und Elend ganz verhindern,

Das Gute würdest du damit vermindern

Und, statt zu trösten, wecken neue Klage.

 

Zum Guten dieser Welt gehört die Plage;

Wir solen sie mit allen Kräften lindern,

Gerecht vertheilen allen Menschenkindern,

Daß Jeder auch des Andern Lasten trage.

 

In Gottes ewig weisem Haushaltsplane

Ist Lust und Leid so gut wie Licht und Schatten,

Wie Tag und Nacht dem Menschen hier beschieden.

 

Im Streit für Recht und Wahrheit mit em Wahne

Soll nimmer uns’re Kraft erschlafft ermatten,

Und nur durch Kampf erringen Sieg und Frieden.

 

 

 

Andenken

 

Ach, wie so oft in meinen dunkeln Stunden

Muß ich, du Holde, innig dein gedenken,

Mit bittern Thränen dein erinnern tränken,

Seit deine Gegenwart dahingeschwunden.

 

Und heißer bluten all’ die Liebeswunden,

Die deine Blicke mir in’s Herze senken

Auf ewig mußten. Ach, die Sterne schenken

Nie wieder, die verschwunden, holde Stunden!

 

Dein süßes Bild strahlt wie der Abendstern

Dort durch die nächtig schwarzen Wolkenmassen

Und fesselt sanft den müden Blick, den nassen.

 

Vergangenheit als Gegenwart zu fassen,

Hast du dein süß Gedenken mir gelassen,

Dem Herzen bleibst du nah’, ob noch so fern.